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Paragraphenblüte

Die Wahrheitsdrohne überfliegt Deutschland und sendet historische Bilder: blühende Landschaften, soweit das Kameraauge reicht. Osten und Westen bedeckt von sattem Grün. Doch was wächst da, was blüht? Kohl scheint es nicht zu sein. Die Drohne zoomt sich ran und wechselt in den Tiefflug, um Rauchschwaden zu durchdringen, die von Deutschland aufsteigen. Letzter Zweifel verfliegt: Es ist Cannabis.

Flächendeckend stehen die übermenschlich großen Pflanzen in Dreiergrüppchen zusammen und verströmen ihr einst gefürchtetes Aroma. In jeder Pflanzengruppe steht ein über achtzehnjähriger Mensch mit dauerndem Aufenthalt in Deutschland und gießt seine drei legalen Lieblinge. In Vorgärten und Hinterhöfen, auf Balkonen und Dächern, überall da grünt es legal, wo Erwachsene wohnen und ihre Pflanzen gegen die Begehrlichkeit von Jugendlichen gesichert haben. Die dürfen nämlich nichts, wie üblich. Betritt ein erwachsener Mensch seine Wohnung, dann liegen da noch mal fünfundzwanzig Gramm Marihuana für ihn bereit – eine Menge, mit der sich für einen Monat der Zustand des Cleanseins weitgehend vermeiden lässt.

Doch den blühenden Landschaften naht ein Problem. Erntezeit bei Cannabis ist die Blütezeit. Geerntet wird die mit Harz gefüllte Blüte. Was macht nun der gesetzestreue Besitzer dreier Hanfpflanzen, die jede ihre zweihundert Gramm Marihuana abwirft, wenn die Ernte eingefahren ist? Teilen mit anderen darf er nicht. Verkaufen schon gar nicht. Besitzen auch nicht. Vernichten dürfte er den Überschuss, aber bleiben wir realistisch. Deutschland ist in dem besonderen Jahr ein Volk von Bauern geworden. Im August, zur Erntezeit, lodern nicht überall im Land die Hanffeuer, no way. Was der Bauer hat, das raucht er. Und zwar so schnell wie möglich, damit nicht allzu viele illegale Weckgläser voll des Räucherwerks in der Wohnung herumstehen. Sommerurlaub mal anders: Das Auto bleibt da, der Körper auch. Der Geist ist dann mal weg für sechs bis acht Wochen.

Nehmen wir, ebenso realistischerweise, an, die Polizei hackt sich ins Bordsystem der Wahrheitsdrohne und guckt „Deutschland von oben“, die Augustfolge. Was sehen die schreckensgeweiteten Beamtenaugen? Überall Pflanzengrüppchen wild im Gelände, in Parks, auf Brachland und, besonders auffällig, auf Brücken! Das geht doch nicht! denkt der sagen wir mal bayerische Einsatzleiter, rückt aus zur nächsten Brücke und stellt die Personen, die er antrifft, zur Rede. Doch doch, das gehe, antwortet man ihm frech. Die Brücke sei Wohnsitz im Sinne des Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis. Glaubt der Beamte nicht? Dann lernt er jetzt die Gesetzesdefinition. „Wohnsitz:  der Ort, an dem eine Person eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird“. Die genannten „Umstände“ würden sich ja wohl nicht ändern, fügt der Obdachlose hinzu, man nenne sie Kapitalismus. Und wünscht noch einen schönen Einsatztag, wozu er den Ordnungshüter mit der Abluft eines halben Gramms Marihuana einnebelt.

Der Polizeiobermeister ist sauer, er will jetzt irgendwas verbieten oder vereiteln. Das ist aber nicht so einfach. Dem ersten Kiffer, den er in der Stadt trifft, zeigt er einen Kinderspielplatz am Ende der Straße: „Keine zweihundert Meter Abstand! Das wird teuer.“ „Zwoahundertzwoa“, antwortet der Breite und raucht gemütlich weiter. Was tun? Der Polizist fordert im Zuge der Amtshilfe einen Vermessungsingenieur an. Als der nach drei Stunden eintrifft, deutet der Polizist auf den Spielplatz und als der Ingenieur gemessen hat, steht der Konsument drei Meter weiter. „Zweihundertundeinen Meter“ betrage der Abstand, so das amtliche Messergebnis. Der Polizist ruft seinen siebzehnjährigen Sohn an und nimmt ihn mit auf Streife, wodurch jeder Ertappte automatisch „in unmittelbarer Gegenwart von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“, ertappt worden wäre. Doch schon beim ersten schnappt der Sohn sich dessen Joint, nimmt einen Zug und atmet aus mit dem Satz: „Happy Birthday mia selba! Papa, du hast meinen Geburtstag vergessen.“ Dem verzweifelnden Kulturschützer kommt eine letzte Idee. Er fährt zum nächsten Wald, stellt sich hinter einen Baum und springt hervor, als die ersten Ex-Kriminalschwaden an ihm vorbeiziehen. „Legalisierung“, lallen die Extäter, „schon gehört davon?“ Und haben mit der Antwort nicht gerechnet: Weil Autofahren in einem Wald verboten sei, handele es sich bei einem solchen logischerweise um eine Fußgängerzone. Und in einer solchen sei zwischen sieben und zwanzig Uhr verboten, was sie somit illegal gerade getan hätten. In dem Moment läutet es acht Mal vom nahegelegenen Kirchlein. Der Beamte bricht zusammen. Man wünscht ihm allgemein noch einen entspannten Abend.

Vom Kernstück des neuen Gesetzes haben wir damit noch gar nicht gesprochen, den siebeneinhalb Seiten und neun Paragraphen über die „Anbauvereinigungen“. Zu dieser höchsten Blüte am Gesetzesstamm nur so viel: Wer es jemals schaffen sollte, sämtliche Vorgaben zur Gründung einer solchen Vereinigung zu erfüllen, die oder der hätte etwas geschaffen, das mit seiner Komplexität und Undurchschaubarkeit in direkte Konkurrenz zum deutschen Staat treten würde.